Wann brauche ich ein Stativ?

Die Frage „Wann brauche ich ein Stativ?“, ist eigentlich ganz schnell beantwortet: Ein Stativ benötigt man immer dann, wenn die Belichtungszeit länger ist, als man die Kamera bewegungslos zu halten in der Lage ist oder wenn man selbst auf dem aufzunehmenden Bild sein möchte. Die Antwort klingt zwar sehr einfach, täuscht aber doch über die Vielzahl der möglichen Anwendungen hinweg, bei denen ein Stativ nützlich oder sogar nötig ist. Das Stativ Lexikon gibt ein paar Ratschläge vom Profi …

Nacht | Langzeitbelichtung | Lightpainting | HDR | Innenraum | Makro | Lange Brennweiten | Bildkomposition | Selbstportrait

 


Nacht

Wann brauche ich ein Stativ? Natürlich bei Nacht, denn es ist offensichtlich, dass man für hochwertige Nachtaufnahmen ein Stativ benötigt, denn nur sehr teure, professionelle Kameras bieten Lichtempfindlichkeiten (ISO-Were), bei denen ein Stativ überflüssig werden kann. Nachts gibt es sehr wenig Licht zum Fotografieren und so werden die Belichtungszeiten auch bei höheren ISO-Werten lang. Die Gefahr des Verwackelns steigt und man bekommt unscharfe Fotos. Abhilfe schafft hier ein stabiles, das heißt schwingungsarmes Stativ, das sich auch während längerer Belichtungszeiten nicht bewegt. Billige Stative mit Kunststoffkopf zeigen hier ihre Schwäche, sobald ein bisschen Wind weht: die Kamera fängt an zu wackeln – das Foto wird unscharf.

Brilliante Nachtaufnahmen wie hier von der BMW-Welt in München gelingen mit Stativ problemlos. (Foto: Karl H. Warkentin)
Brilliante Nachtaufnahmen wie hier von der BMW-Welt in München gelingen mit Stativ problemlos. (Foto: Karl H. Warkentin)

Glücklicherweise gibt es von verschiedenen Herstellern eine große Auswahl an Stativen, die stabil und gleichzeitig leicht sind, so dass man sein Stativ nicht aus Bequemlichkeitsgründen zuhause lassen muss. Bei der Auswahl „seines“ Stativs sollte man unbedingt das Gewicht der verwendeten Kamera mit dem schwersten Objektiv, das man benutzen möchte, berücksichtigen. Da die meisten Stativhersteller natürlich das Maximalgewicht, das ein Stativ tragen kann, eher „optimistisch“ kalkulieren, ist es besser, ein bisschen „Reserve“ einzukalkulieren. So lässt sich das Stativ auch bei „widrigen“ Umständen wie Wind, sehr langen Brennweiten usw. nicht aus der Ruhe bringen. Man profitiert von gestochen scharfen Sonnenuntergängen ebenso wie von hervorragenden Bildern in der blauen Stunde und während der Nacht. Bei geeignetem Wetter sind mit einem Stativ auch beeindruckende Aufnahmen des Sternenhimmels oder mit sehr langbrennweitigen Teleobjektiven vom Mond möglich.

 


Langzeitbelichtung

Lange Belichtungszeiten sind nicht nur ein zwangsläufiges Übel bei Nachtaufnahmen oder in Innenräumen. Längere Belichtungszeiten werden auch als fotografisches Gestaltungsmittel hervorragend eingesetzt. Beliebt ist diese Technik bei Aufnahmen von fließendem Wasser, wie Wasserfällen, Springbrunnen oder Gebirgsbächen. Aber auch die Lichtspuren von fahrenden Autos bei Nacht ergeben durch lange Belichtungszeiten beeindruckende Bilder.

Sehr beliebt sind Langzeitbelichtungen von fließendem Wasser, ohne Stativ geht's auch hier nicht. (Foto: Karl H. Warkentin)
Sehr beliebt sind Langzeitbelichtungen von fließendem Wasser, ohne Stativ geht’s auch hier nicht. (Foto: Karl H. Warkentin)

Viele ambitionierte Amateurfotografen ebenso wie Profis verwenden ein Graufilter, um die Brandung des Meeres in besonders impressionistischer Weise aufzunehmen oder Personen auf sehr belebten Plätzen von den Aufnahmen zu entfernen. In beiden Fällen benötigt man nicht nur ein geeignetes Graufilter, sondern auch ein stabiles Stativ, um die extrem langen Belichtungszeiten ohne jegliche Bewegung der Kamera auszuführen.

 


Lightpainting

Bereits seit einigen Jahren steht besonders bei jüngeren Fotofans das Thema „Lightpainting“ ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Mit ein bisschen Bastelei, viel Kreativität und Phantasie entstehen großartige Bilder auf die unterschiedlichste Weise. Egal, ob im Studio oder draussen, Lightpainting findet immer mit extrem langen Belichtungszeiten statt, ein Stativ ist zwingend erforderlich. Da die Belichtungszeiten in den langen Minuten- oder sogar Stundenbereich gehen können, ist ein Stativ selbstverständlich, das „bombenfest“ ist.

Lightpainting, egal ob im Studio oder draussen, ist ohne Stativ nicht möglich. (Foto: Karl H. Warkentin)
Lightpainting, egal ob im Studio oder draussen, ist ohne Stativ nicht möglich. (Foto: Karl H. Warkentin)

 


HDR

Um die in der letzten Zeit sehr beliebten HDR-Aufnahmen herzustellen, werden ja mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichen Belichtungen benötigt. Damit diese wirklich deckungsgleich übereinander passen, ist nicht nur nachts wegen der längeren Belichtungszeiten, sondern auch am Tag ein Stativ unverzichtbar. Löst man die Kamera mehrmals von Hand aus, sollte das Stativ besonders stabil sein, damit sich die Kamera durch das Auslösen nicht bewegt. So bekommt man Aufnahmen, die perfekt zusammen passen, keine Doppelkonturen ergeben und zu einem gestochen scharfen Endergebnis führen. Es gibt also eine ganze Reihe kreativer Fototechniken, bei denen die Frage „Brauche ich ein Stativ?“ mit „Ja“ beantwortet werden sollte.

Bei HDR-Aufnahmen, wie hier in Dresden kann man auf ein Stativ nicht verzichten. (Foto: Karl H. Warkentin)
Bei HDR-Aufnahmen, wie hier in Dresden ist unbedingt ein Stativ notwendig. (Foto: Karl H. Warkentin)

 


Innenraum

Wann brauche ich ein Stativ? Immer, wenn es dunkel ist, wie in Innenräumen. Dort hat man sehr häufig nicht genug Licht zum Fotografieren. Gleichgültig, ob es sich um eine finstere Kneipe, die eigenen vier Wände oder die Hochzeitsfeier in einer Kirche handelt, selten reicht das Licht zum Fotografieren. Auch für technisch anspruchsvolle Aufnahmen von Innenarchitektur ist ein Stativ unvermeidbar, um gestochen scharfe Fotos zu erhalten. Hinzu kommt bei Architekturaufnahmen, dass man nur mit einem Stativ die Kamera exakt waagerecht ausrichten und so stürzende Linien vermeiden kann. Ein Stativ hilft also nicht nur, die Kamera während der Belichtung zu stabilisieren, sondern auch bei der präzisen Ausrichtung. Hilfreich ist dafür ein 3D- oder 3-Wege-Neiger. Noch besser, wenn auch teurer, ist dafür ein Getriebeneiger geeignet, mit dem man die Kamera sehr präzise in jeder Richtung ausrichten kann.

Mit einem Stativ gibt es auch bei wenig Licht scharfe und stimmungsvolle Aufnahmen. (Foto: Karl H. Warkentin)
Mit einem Stativ gibt es auch bei wenig Licht scharfe und stimmungsvolle Aufnahmen. (Foto: Karl H. Warkentin)

Für normale Aufnahmen im Innenraum ist jedoch ein Kugelkopf, wie er für die meisten Stative angeboten wird, völlig ausreichend. Er ermöglicht es, die Kamera sehr schnell in jede gewünschte Position zu bringen und bei Bedarf zu fixieren.

 


Makro

Eine Ausnahme der zu Beginn des Artikels genannten Regel auf die Frage „Wann brauche ich ein Stativ?“ stellt das Thema Makrofotografie dar. Weder besonders lange Belichtungszeiten, noch der Wunsch, selbst auf dem Foto verewigt zu werden, trifft bei der Makrofotografie üblicherweise zu.

Die Schärfentiefe beträgt hier selbst bei Blende 18 nur wenige Millimeter. Ein Stativ hilft, den richtigen Fokus zu treffen. (Foto: Karl H. Warkentin)
Die Schärfentiefe beträgt hier selbst bei Blende 18 nur wenige Millimeter. Ein Stativ hilft, den richtigen Fokus zu treffen. (Foto: Karl H. Warkentin)

Der Grund für die Verwendung eines Statives liegt in der  geringen Schärfentiefe, mit der man im Nahbereich der Makroaufnahmen zu tun hat. Will man also eine Libelle, einen Pilz oder eine Biene formatfüllend abbilden, dann ist die Aufnahmeneentfernung und damit die Schärfentiefe sehr gering – oft nur wenige Millimeter. Die Gefahr, dass durch die eigene, minimale Körperbewegung beim Fotografieren ohne Stativ das Motiv aus der Schärfeebene verschwindet, ist also groß. Dieser Effekt kann durch ein Stativ auf einfache Weise vermieden werden, so dass die Aufnahme wirklich dort scharf ist, wo man es möchte.

 


Lange Brennweiten

Die Notwendigkeit, ein Stativ zu verwenden, wird bei der Benutzung von Teleobjektiven häufig unterschätzt. Es müssen ja nicht gleich 900 mm Brennweite sein, wie bei der unten stehenden Aufnahme des Mondes. Bereits bei Brennweiten von 200 – 300 mm steigt die Gefahr des Verwackelns und damit unscharfer Bilder an. Gerade die kleinen, kompakten Reisezooms mit ihren geringen Lichtstärken sind anfällig dafür, denn man kann bei ungünstigen Lichtverhältnissen die Blende nicht weit genug öffnen. So entstehen bei bewöltem Himmel leicht Belichtungszeiten, die unscharfe Bilder ergeben. Der Grund ist, dass für längere Brennweiten (Teleobjektive) die maximale Belichtungszeit, in der man die Kamera ruhig halten kann, viel kürzer ist als bei normalen (Normalobjektiv) oder kurzen Brennweiten (Weitwinkel).

Hier war eine Brennweite von 900 mm im Einsatz, dass dazu ein sehr stabiles Stativ nötig ist, versteht sich fast von selbst. (Foto: Karl H. Warkentin)
Hier war eine Brennweite von 900 mm im Einsatz, dass dazu ein sehr stabiles Stativ nötig ist, versteht sich fast von selbst. (Foto: Karl H. Warkentin)

 


Bildkomposition

Immer, wenn besonders viel Wert auf eine gute und präzise Bildkomposition Wert gelegt wird, ist ein Stativ sehr hilfreich. Ein stabiles Stativ in Kombination mit einem 3D-/3-Wegeneiger oder besser noch mit einem Getriebeneiger bietet beste Voraussetzungen, um genau den Ausschnitt zu erzielen, den man sich wünscht. Wohl oder übel wird man das schwerere Fotogepäck dafür in Kauf nehmen müssen, denn die Ergebnisse lohnen den Aufwand.

Man erhält eine exakt symmetrische Komposition mit einem Stativ viel leichter und besser, hier von der Fassade des Sheraton Creek Hotel in Dubai. (Foto: Karl H. Warkentin)
Man erhält eine exakt symmetrische Komposition mit einem Stativ viel leichter und besser, hier von der Fassade des Sheraton Creek Hotel in Dubai. (Foto: Karl H. Warkentin)

 


Selbstportraits/Selfies

Selfie-Sticks leisten ja für Selbstportraits mit Smartphones und kleinen Kompaktkameras manchmal gute Dienste. Eine „richtige“ Kamera tragen sie aber nicht. Will man neben dem eigenen Konterfei auch noch die Umgebung einfangen, sind Selfie-Sticks viel zu kurz (… und kämen ja auch mit auf’s Foto). Ein kleines, leichtes Reisestativ schafft Abhilfe. Hat man dann noch eine Fernsteuerung für die Kamera, ist man perfekt für „Profi-Selfies“ vorbereitet. Ansonsten hilft natürlich auch der Selbstauslöser.

Unmöglich mit einem Selfie-Stick zu machen: Gruppenfoto mit der per iPad und eigenem W-LAN ferngesteuerter Nikon D750 in Dubai aufgenommen. (Foto: Karl H. Warkentin)
Unmöglich mit einem Selfie-Stick zu machen: Gruppenfoto mit der per iPad und eigenem W-LAN ferngesteuerter Nikon D750 in Dubai aufgenommen. (Foto: Karl H. Warkentin)